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Es werden Posts vom Oktober, 2019 angezeigt.

Der Hippie, das Picknick und Füße...

Der Kontakt mit Rudi aus Münster war so wahnsinnig unkompliziert und dennoch irgendwie seltsam. Er hatte eine eigenartige Art zu schreiben. Statt "das" sagte er fortwährend "dies", was einem das Gefühl gab, sich im 18. Jahrhundert zu befinden. "Dies ist eine gute Idee.", schrieb er, als ich vorschlug, gemeinsam zu Picknicken. Wir waren noch nicht ganz schlüssig, über den Ort: Vielleicht an einem See in der Nähe? Ich weiß nicht mehr genau, warum wir "dies" verwarfen, aber wir entschieden uns letztendlich für ein Treffen in Stromberg, oben, an der Burg. Wir Stromberger sagen ja gerne, dass wir uns "oben an der Burg" treffen. Die Wahrheit ist, dass die Burg schon seit 1780 nicht mehr existiert. Damals befahl Bischof Maximilian Franz sie abzureißen. Warum auch immer. Faktisch steht heute nur noch ein Teil der Mauer und der ehemalige Bergfried: Der Paulusturm. Ich wohnte zu diesem Zeitpunkt noch übergangsweise bei meinen Eltern und füh

Der penetrante Peter

Wir springen zurück ins Jahr 2018. Ich wohnte zum besagten Zeitpunkt in einem Gartenhäuschen in Tilburg, NL. Wie ich da gelandet war, erfahrt ihr in einer anderen Geschichte. Ich war zum besagten Zeitpunkt relativ tief im Loch. Es war Herbst und zu meiner sowieso schon sehr anwesenden Depression mischte sich ein gehöriger Winterblues. (Ja, das geht auch schon im Herbst.) Leider Gottes sind es oft die Momente der Einsamkeit, die mich auch Tinder ziehen und so blies ich meinem Account neues Leben ein und swipte wie eine Wilde. Ich fand nicht viel. Aber ich fand Peter. Peter, dessen namen ich nicht nur der Anonymität wegen ändern musste, sondern auch weil ich mich schlichtweg nicht mehr an ihn erinnere. Ganz schön traurig. Peter holte mich ab, am Häuschen vor dem Gartenhäuschen. Er kam mit dem Auto und sah in echt sogar irgendwie besser aus, als auf seinen Fotos, was ihn von nicht besonders attraktiv auf mittelmäßig attraktiv aufsteigen ließ. Wir hatten keinen richtigen Plan, also

Andi, der Kühlschranknazi

Es war kurz nach den Europawahlen und kurz vor meinem großen Umzug. Nachdem ich im Sommer 2018 wieder in mein Heimatdorf und übergangsweise ins Haus meiner Eltern zurückgekehrt war, hieß es jetzt: Möbel besorgen und Umzug planen. Zeit wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Was ich unbedingt wollte (brauchte!), war ein großer Kühlschrank im Vintage-Look. Da große Kühlschränke aber zumeist recht groß sind, war mir schnell klar: Das wird nichts in meinem kleinen, roten Flitzer von einem Auto. Keiner meiner Groß-Auto-besitzenden Freunde hatte Zeit, Mama und Papa auch nicht und so wandte ich einen altbewährten Geheimtipp an: Ich spielte die holde Jungfrau in Not. Ich war sowieso schon im Gespräch mit Andi, dem einfach gestrickten Ex-Soldaten aus Herzebrock, fand ihn aber eher langweilig und uninspiriert. Da ich aber dafür bekannt bin ein Vollblut-Chancengeber zu sein, hielt ich durch und hoffte auf den Froschkönig Effekt. Etwas in mir sagte mir, dass Andi genau der Richtige war für die

Masi, der Schauspieler

Masi N. Masi. Das bedeuet Messias. Mein Name bedeutet, die Gott geweihte. "Unsere Namen passen zueinander.", sagte er. "Ich bin nicht religiös.", sagte ich. Aber ich fand es schön. "Ich auch nicht.", entgegnete er. Das Gespräch war ruhig und anders. Er erzählte, dass er aus Afghanistan kommt. Mit 5 Jahren war er mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Ich gab zurück, dass das Leben, das er hatte, für mich unvorstellbar ist, da ich Krieg noch nie erlebt habe. Er erzählte mir eine Geschichte, von Bomben und zitternden Häusern und ich bekam Gänsehaut. Viel schneller, als andere, gewann er mein Vertrauen. Viel schneller als in anderen Gesprächen tauschten wir Nummern aus. Er fand mich besonders. Ich ihn auch. Und so traurig es klingt: Die Tatsache, dass er nicht eine einzige blöde sexuell zweideutige Bemerkung machte, hob ihn extrem aus der Menge heraus. Wir schrieben erst ununterbrochen miteinander, tauschten dann Sprachnachrichten aus. Seine St

Der Vorleser

Es war schon spät, als ich sein Profil sah. Ramon. Mittelbraunes, halblanges Haar, leicht gewellt. Brille - aber keine coole Hipsterbrille, sondern eher ein Modell, dass entfernt an Harry Potter erinnerte, mit lieben, kleinen, braunen Knopfaugen dahinter. Dazu ein zu großer, brauner Strickpullover. Hmmm. Ich habe eine Schwäche für Männer in zu großen Strickpullovern. Seine Erscheinung ließ ihn mich direkt in eine Schublade einsortieren: Typ: zerstreuter Professor... Oder Schriftsteller. Letzteres gab er dann auch an zu sein. Seinen Debutroman "Brokkoli aus Singapur" war gerade erschienen (Naja... den Titel hab ich seiner Anonymität wegen mal ein wenig abgeändert). Mir gefiel der Titel jedenfalls, doch ich war skeptisch, hatte ich doch bereits gelernt, dass nicht jeder Tinderianer immer die Wahrheit spricht. Also googelte ich das Ganze mal fix. Herrlich, dieses Zeitalter des Stalkertums! Und siehe da! Er hatte nicht gelogen. Das Buch gab es und er war tatsächlich der Auto

Die Geschichte mit dem Veganisten...

Ja ihr habt richtig gelesen. Veganist. Nicht Veganer. Das ist zum einen das niederländische Wort für Veganer, zum anderen beschreibt es den Mann, der in diesem Beitrag im Fokus stehen soll, auch um einiges besser. Aber zurück auf Anfang. Nach ein wenig ziellosem Swipen, hatte ich herausgefunden, dass durchaus viele Tinderklischees tatsächlich stimmen. Wer hätte gedacht, dass wirklich viele Männer glauben, ein Anglerfoto, auf dem sie einen riesigen Fisch festhalten, würde Frauen beeindrucken? Nichtsdestotrotz hatte ich einen jungen Mann herausgefiltert, der freundlich und interessiert war. Er brach zwar meine heilige Haarregel (Date keinen Mann, der längere Haare hat, als du selbst!), ich wollte ihm aber sehr gern eine Chance geben. Man muss dazu sagen, dass ich noch in der Illusion lebte, es wäre auf Tinder durchaus auch möglich, neue Bekanntschaften zu machen... auch dazu ein anderes Mal mehr. Im Voraus hatte ....nennen wir ihn Jona.... mir bereits gesagt, dass er nur vegane Le

Die Geburt von Tinderbel - oder: Wie alles begann

Ich weiß noch ziemlich genau, wie ich reagiert habe, als mir ein Kumpel zum ersten Mal von Tinder erzählte: Angewidert. Extrem angewidert. Das muss in 2012 oder 2013 gewesen sein. Ich sah die Gesichter von lächelnden Frauen und wie mein Kumpel sie gnadenlos nach links oder rechts wischte, ohne auf mehr zu achten, als ein hübsches Gesicht, einen schlanken Körper und möglichst große Brüste. Wie herabwürdigend! Wie ekelhaft und oberflächlich! Da mach ich niemals mit. Ich hielt ihm eine behorliche Standpauke und wand mich ab. Erst deutlich später sollte ich selbst der Sucht des Swipens verfallen. Ich gebe zu, meine Initialreaktion mag auch damit zu tun gehabt haben, dass ich besagten Kumpel eigentlich selbst ganz gut fand. Er mich aber nie. Dafür die kleine, blonden Mädchen auf Tinder. (Oh meine Hass-Liebe für kleine, blonde Mädchen...dazu vielleicht ein anderes Mal mehr) Es folgte eine Zeit des tinderlosen Single Daseins, Beziehung mit einem anderen Typen, der emotional eher die