Ja ihr habt richtig gelesen. Veganist. Nicht Veganer. Das ist zum einen das niederländische Wort für Veganer, zum anderen beschreibt es den Mann, der in diesem Beitrag im Fokus stehen soll, auch um einiges besser.
Aber zurück auf Anfang.
Nach ein wenig ziellosem Swipen, hatte ich herausgefunden, dass durchaus viele Tinderklischees tatsächlich stimmen. Wer hätte gedacht, dass wirklich viele Männer glauben, ein Anglerfoto, auf dem sie einen riesigen Fisch festhalten, würde Frauen beeindrucken?
Nichtsdestotrotz hatte ich einen jungen Mann herausgefiltert, der freundlich und interessiert war. Er brach zwar meine heilige Haarregel (Date keinen Mann, der längere Haare hat, als du selbst!), ich wollte ihm aber sehr gern eine Chance geben. Man muss dazu sagen, dass ich noch in der Illusion lebte, es wäre auf Tinder durchaus auch möglich, neue Bekanntschaften zu machen... auch dazu ein anderes Mal mehr.
Im Voraus hatte ....nennen wir ihn Jona.... mir bereits gesagt, dass er nur vegane Lebensmittel zu sich nimmt. Da ich mit veganem Essen samals noch keinerlei Erfahrungen gemacht hatte, lud er mich ein in ein veganes Restaurant in Utrecht, NL. Jona hatte lange blonde Haare, trug Bart und hatte ein hübsches Gesicht. Das konnte ich auf den Fotos bereits sehen und es bestätigte sich auch in echt. Was ich nicht auf den Fotos gesehen hatte, war die Lähmung in seinem rechten Bein...
Wir trafen uns vor dem Restaurant. Er kam auf dem Rad, als er es abstellte und zu mir lief, sah ich, dass er sein Bein hinter sich herzog. Er ewar es deutlich gewohnt, sich so zu bewegen, weshalb ich davon ausging, dass er schon länger mit dieser Einschränkung lebte.
Versteht mich nicht falsch. Ich verurteile einen Menschen nicht aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen, aber in diesem Moment habe ich mich einfach verarscht gefühlt. Und paradoxerweise verbal gelähmt. Warum hatte er mir nicht einfach im Voraus davon erzählt? Hatte er wirklich geglaubt, DAS wäre ein Ausschlusskriterium für mich gewesen? Und falls ja: War es dann nicht sogar NOCH schlimmer, dass er nichts gesagt hatte?
Ich verstehe durchaus, dass es nicht einfach ist, mit einer Behinderung zu daten. Aber diese einfach zu verschweigen, kann niemals die richtige Lösung sein.
Das Schlimmste war, dass ich mich nicht wirklich traute, ihn danach zu fragen. Zuerst dachte ich noch: Er wird es wohl gleich mal erklären und vielleicht direkt dazu sagen, warum er es verschwiegen hat.
Pustekuchen!
Kein Wort kam über seine Lippen.
Während des Dates stand er noch einige Male auf, um etwas von der Theke zu holen oder zur Toilette zu gehen und jedes mal, war es mir unangenehm, dass keiner diesen verdammten Elefanten im Raum benannte. Und ja, ich hätte das selbst tun können. Da war nur wieder ein klassischer Moment der tinderbellschen Rücksichtnahmen. Denn vielleicht, wer weiß das schon genau, war ihm das Ganze eben einfach unfassbar unangenehm? Also schwiegen wir.
Aber nur darüber. Ansonsten gab es kaum eine stille Sekunde während des Dates, was ja eigentlich ein grandioses Zeichen ist, wäre da nicht seine eher anstrengende Gesprächsführung gewesen.
An dieser Stelle erwähne ich mal kurz, dass ich durchaus ein offener und ehrlicher Mensch bin. Wenn mich jemand etwas fragt, bekommt sie/er im Normalfall eine Antwort. Ausnahmen bestätigen die Regel. Werdet ihr von selbst merken.
Er grub tief. Fragte mich eine Menge. Ich erzählte also von meiner missglückten Beziehung und den darauffolgenden Todesfällen in meiner Familie, und wie mich diese Zeit, in der ein Pech das Nächste jagte, mitgenommen hatte. Jona sah mich verständnisvoll an und nickte: "Und wie fühlst du dich dabei?"
"Ähm jaaa... das war schon heftig alles...", reagierte ich ausweichend, verzweifelt nach einem etwas luftigerem Gesprächsthema.
"Wie hast du dich gefühlt, als du auf der Beerdigung deiner Oma gesungen hast?"
"Uff.. das kann ich so nicht sagen... ich hab mich zusammengerissen und das halt gemacht...", startete ich den zweiten Ausweichversuch. Aber Jona bohrte erbarmungslos weiter. Es dauerte keine halbe Stunde und ich fühlte mich, als säße ich beim Psychologen. Darf ich kurz dazu sagen, dass ich selbst zu dem Zeitpunkt den Master in Psychologie machte? Ich hab also nichts gegen tiefe Gespräche, aber dieser Typ war mir eine Nummer zu hart. Er erfüllte mehr Psychologenklischees, als ich selbst!
Bei den wenigen Fragen, die er mir zu stellen gewährte, stellte ich fest, dass Jona mal ein cooler Typ gewesen war. Er war viel gereist, hatte diverse spirituelle Erfahrungen gemacht, mit natürlichen Drogen experimentiert und dabei mehr ZU SICH gefunden. Nur dass "mehr zu sich" in diesem Fall bedeutete, dass er nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf alles was Spaß machte, zu verzichten schien.Veganist eben.
Dass der Bohnenburger, den ich bestellt hatte, nach Sägemehl schmeckte, machte das Ganze nicht besser. Ich biss die Zähne zusammen, versuchte möglichst wenig vom Burger dabei zu erwischen und wartete, bis er fertig gegessen hatte. Er zahlte - was dann ganz nett war, denn er hatte mich ja schließlich dazu überredet, diesen Fraß überhaupt zu probieren (No Hate for Veganer und so, das war einfach nicht gut).
Als wir draußen standen kam der unangenehme Moment des Rumdrucksens. Ich hatte das Gefühl, dass wir beide gemerkt hatten, dass wir kein besonders guter Match waren und die Chemie nicht stimmte. Halbherzig schlug ich vor, man könne ja noch etwas trinken gehen, weil ich nicht unhöflich sein wollte. Jona entgegnete mir, dass er keinenAlkohol mehr trünke. Überraschung.
Abgesehen davon, dass man duchrauch auch etwas Unalkoholisches Trinken gehen kann, nahm ich seine Ausrede danken an. Wir verabschiedeten uns mit einer noch halbherzigeren Umarmung und fietsten vondannen. Eins war sicher: Den Typen würde ich nie wieder sehen. Und ich war mir sicher, dass er genauso darüber dachte.
Später am selben Abend - oder sagen wir ruhig in derselben Nacht - war ich mir nicht mehr sicher, ob Jona nicht doch heimlich etwas konsumiert hatte. Völlig aus dem Nichts blinkte eine Nachricht von ihm in Tinder auf. Als ich sie öffnete, staunte ich nicht schlecht. Da stand doch tatsächlich:
"Was wäre, wenn ich meine Lippen jetzt auf deiner Klitoris anbieten würde...?"
Hatte Jona, der Neu-Hippie mit Jesusfrisur, verheimlichter Beinlähmung und mehr Prinzipien als Mutter Theresa gerade ernsthaft einen Versuch unternommen, mit mir zu sexten? Oder wollte er gar eine Real-Life sexuelle Kiste mit mir starten? So viel Alkohol hätte ich gar nicht trinken können...!
Das war der erste Moment, in dem ich mich schwer wunderte über die Tiefen der männlichen Psyche. Es sollten noch sehr viele folgen...
Ich hatte ja bereits gesagt, dass ich grundsätzlich alle Fragen beantworte, und so auch Jona's Frage, nach einem ersten Date zwischen seinen Lippen und meiner Klitoris.
"Sorry Jona, die ist leider nicht vegan..."
#unmatch
Aber zurück auf Anfang.
Nach ein wenig ziellosem Swipen, hatte ich herausgefunden, dass durchaus viele Tinderklischees tatsächlich stimmen. Wer hätte gedacht, dass wirklich viele Männer glauben, ein Anglerfoto, auf dem sie einen riesigen Fisch festhalten, würde Frauen beeindrucken?
Nichtsdestotrotz hatte ich einen jungen Mann herausgefiltert, der freundlich und interessiert war. Er brach zwar meine heilige Haarregel (Date keinen Mann, der längere Haare hat, als du selbst!), ich wollte ihm aber sehr gern eine Chance geben. Man muss dazu sagen, dass ich noch in der Illusion lebte, es wäre auf Tinder durchaus auch möglich, neue Bekanntschaften zu machen... auch dazu ein anderes Mal mehr.
Im Voraus hatte ....nennen wir ihn Jona.... mir bereits gesagt, dass er nur vegane Lebensmittel zu sich nimmt. Da ich mit veganem Essen samals noch keinerlei Erfahrungen gemacht hatte, lud er mich ein in ein veganes Restaurant in Utrecht, NL. Jona hatte lange blonde Haare, trug Bart und hatte ein hübsches Gesicht. Das konnte ich auf den Fotos bereits sehen und es bestätigte sich auch in echt. Was ich nicht auf den Fotos gesehen hatte, war die Lähmung in seinem rechten Bein...
Wir trafen uns vor dem Restaurant. Er kam auf dem Rad, als er es abstellte und zu mir lief, sah ich, dass er sein Bein hinter sich herzog. Er ewar es deutlich gewohnt, sich so zu bewegen, weshalb ich davon ausging, dass er schon länger mit dieser Einschränkung lebte.
Versteht mich nicht falsch. Ich verurteile einen Menschen nicht aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen, aber in diesem Moment habe ich mich einfach verarscht gefühlt. Und paradoxerweise verbal gelähmt. Warum hatte er mir nicht einfach im Voraus davon erzählt? Hatte er wirklich geglaubt, DAS wäre ein Ausschlusskriterium für mich gewesen? Und falls ja: War es dann nicht sogar NOCH schlimmer, dass er nichts gesagt hatte?
Ich verstehe durchaus, dass es nicht einfach ist, mit einer Behinderung zu daten. Aber diese einfach zu verschweigen, kann niemals die richtige Lösung sein.
Das Schlimmste war, dass ich mich nicht wirklich traute, ihn danach zu fragen. Zuerst dachte ich noch: Er wird es wohl gleich mal erklären und vielleicht direkt dazu sagen, warum er es verschwiegen hat.
Pustekuchen!
Kein Wort kam über seine Lippen.
Während des Dates stand er noch einige Male auf, um etwas von der Theke zu holen oder zur Toilette zu gehen und jedes mal, war es mir unangenehm, dass keiner diesen verdammten Elefanten im Raum benannte. Und ja, ich hätte das selbst tun können. Da war nur wieder ein klassischer Moment der tinderbellschen Rücksichtnahmen. Denn vielleicht, wer weiß das schon genau, war ihm das Ganze eben einfach unfassbar unangenehm? Also schwiegen wir.
Aber nur darüber. Ansonsten gab es kaum eine stille Sekunde während des Dates, was ja eigentlich ein grandioses Zeichen ist, wäre da nicht seine eher anstrengende Gesprächsführung gewesen.
An dieser Stelle erwähne ich mal kurz, dass ich durchaus ein offener und ehrlicher Mensch bin. Wenn mich jemand etwas fragt, bekommt sie/er im Normalfall eine Antwort. Ausnahmen bestätigen die Regel. Werdet ihr von selbst merken.
Er grub tief. Fragte mich eine Menge. Ich erzählte also von meiner missglückten Beziehung und den darauffolgenden Todesfällen in meiner Familie, und wie mich diese Zeit, in der ein Pech das Nächste jagte, mitgenommen hatte. Jona sah mich verständnisvoll an und nickte: "Und wie fühlst du dich dabei?"
"Ähm jaaa... das war schon heftig alles...", reagierte ich ausweichend, verzweifelt nach einem etwas luftigerem Gesprächsthema.
"Wie hast du dich gefühlt, als du auf der Beerdigung deiner Oma gesungen hast?"
"Uff.. das kann ich so nicht sagen... ich hab mich zusammengerissen und das halt gemacht...", startete ich den zweiten Ausweichversuch. Aber Jona bohrte erbarmungslos weiter. Es dauerte keine halbe Stunde und ich fühlte mich, als säße ich beim Psychologen. Darf ich kurz dazu sagen, dass ich selbst zu dem Zeitpunkt den Master in Psychologie machte? Ich hab also nichts gegen tiefe Gespräche, aber dieser Typ war mir eine Nummer zu hart. Er erfüllte mehr Psychologenklischees, als ich selbst!
Bei den wenigen Fragen, die er mir zu stellen gewährte, stellte ich fest, dass Jona mal ein cooler Typ gewesen war. Er war viel gereist, hatte diverse spirituelle Erfahrungen gemacht, mit natürlichen Drogen experimentiert und dabei mehr ZU SICH gefunden. Nur dass "mehr zu sich" in diesem Fall bedeutete, dass er nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf alles was Spaß machte, zu verzichten schien.Veganist eben.
Dass der Bohnenburger, den ich bestellt hatte, nach Sägemehl schmeckte, machte das Ganze nicht besser. Ich biss die Zähne zusammen, versuchte möglichst wenig vom Burger dabei zu erwischen und wartete, bis er fertig gegessen hatte. Er zahlte - was dann ganz nett war, denn er hatte mich ja schließlich dazu überredet, diesen Fraß überhaupt zu probieren (No Hate for Veganer und so, das war einfach nicht gut).
Als wir draußen standen kam der unangenehme Moment des Rumdrucksens. Ich hatte das Gefühl, dass wir beide gemerkt hatten, dass wir kein besonders guter Match waren und die Chemie nicht stimmte. Halbherzig schlug ich vor, man könne ja noch etwas trinken gehen, weil ich nicht unhöflich sein wollte. Jona entgegnete mir, dass er keinenAlkohol mehr trünke. Überraschung.
Abgesehen davon, dass man duchrauch auch etwas Unalkoholisches Trinken gehen kann, nahm ich seine Ausrede danken an. Wir verabschiedeten uns mit einer noch halbherzigeren Umarmung und fietsten vondannen. Eins war sicher: Den Typen würde ich nie wieder sehen. Und ich war mir sicher, dass er genauso darüber dachte.
Später am selben Abend - oder sagen wir ruhig in derselben Nacht - war ich mir nicht mehr sicher, ob Jona nicht doch heimlich etwas konsumiert hatte. Völlig aus dem Nichts blinkte eine Nachricht von ihm in Tinder auf. Als ich sie öffnete, staunte ich nicht schlecht. Da stand doch tatsächlich:
"Was wäre, wenn ich meine Lippen jetzt auf deiner Klitoris anbieten würde...?"
Hatte Jona, der Neu-Hippie mit Jesusfrisur, verheimlichter Beinlähmung und mehr Prinzipien als Mutter Theresa gerade ernsthaft einen Versuch unternommen, mit mir zu sexten? Oder wollte er gar eine Real-Life sexuelle Kiste mit mir starten? So viel Alkohol hätte ich gar nicht trinken können...!
Das war der erste Moment, in dem ich mich schwer wunderte über die Tiefen der männlichen Psyche. Es sollten noch sehr viele folgen...
Ich hatte ja bereits gesagt, dass ich grundsätzlich alle Fragen beantworte, und so auch Jona's Frage, nach einem ersten Date zwischen seinen Lippen und meiner Klitoris.
"Sorry Jona, die ist leider nicht vegan..."
#unmatch
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