Carlo Coolman hatte mich am Haken. Das wäre nicht schlimm gewesen, wenn die ganze Sache nicht selbigen gehabt hätte: Seine Ex.
Mir war ziemlich klar, dass diese Frau völlig verrückt war. Das ist eine besondere Gabe von bekloppten Frauen: Wir erkennen unseresgleichen direkt.
Carlo wurde dann auch nicht müde zu erwähnen, wir gut sie und ich uns verstehen würden, wären die Umstände nur anders.
Trotz unseres total unkomplizierten Treffens, spukte sie bei ihm rum. Und da ich Verständnis-Woman war, hörte ich ihm am Telefon zu, während er mir die Höhen und Tiefer ihrer beider Beziehung schilderte. Mir rollten sich die Zehennägel hoch, als ich die ungesundeste Beziehungsgeschichte der Welt anhörte und ich versuchte ihm klarzumachen, dass diese Kiste in einer Katastrophe enden würde, wenn er nicht direkt den Riegel dicht machte. Aber selbst meinen gutgläubigen Ohren war klar, dass er meinem Rat nicht folgen würde. Gut. Diese Erfahrung würde er selbst machen müssen.
Nach über 2 Stunden war sogar Verständnis-Woman müde und wir beendeten das Gespräch.
Als ich am nächsten Tag vorsichtig fragte, ob er denn nochmal Lust auf ein weiteres Bier in der nächsten Woche habe, wurde ich relativ hart zurückgewiesen. Irgendwie wären unsere Themen zu tiefgründig und zu schwer für ihn.
Carlo war eher der straighte Typ - eines der Dinge, die ich sehr an ihm schätzte, aber die mich auch regelmäßig aus dem Konzept brachten. Ich wollte aufbrausend sein, wütend werden, dass er mich nur als Kummerkasten benutzt hatte und mich jetzt abschob, weil ihm die Themen zu schwer waren? Ich glaub, ich sagte das auch ungefähr so - versuchte dabei aber weiterhin unkompliziert und unbeschwert zu klingen. Problematischerweise entsteht daraus zumeist eine explosive Mischung, die eher schizophren anmutet und Männer abschreckt.
Zu meinem Glück, war Carlo aber viel schizophrener, als ich selbst und hatte seine Meinung zum Wochenende hin bereits geändert. So fuhr ich Freitagabend nach Münster, zu ihm nach Hause. Er hatte deutlich gemacht, dass er die Möglichkeit bräuchte, mich rausschmeißen zu können, wenn ihm danach ist. Ich fand das schräg und völlig verständlich zugleich. Mutig ließ ich mich auf den Deal ein, der dazu hätte führen können, dass ich mitten in der Nacht in Münster auf der Straße lande. Es kam aber anders...
Carlos Wohnung war genau wie er: Cool und ein wenig düster. Aber mit Humor! Ich freute mich über die Actionfiguren im Badezimmer und fragte mich, ob Verständnis-Woman hier auch mal einziehen würde.
Wir tranken Bier, rauchten eine lustige Zigarette und redeten. Ich wollte ihn küssen, ich wollte in seinem Augen versinken und ihn küssen. Ich wollte, dass er mich an sich drückte. Aber ich wollte ihn nicht überrollen.
Also erzählte ich von meiner berühmt berüchtigten Geheimwaffe: Dem Dreiecksblick! Man guckt dazu seinem Gegenüber zuerst in das eine Auge, dann in das andere, dann auf die Lippen und zurück in die Augen und der andere erhält unterschwellig das Signal: Küss mich!
Carlo erzählte mir von seinem Geheimtrick: Kopf in Schräglage, abwarten und sehen, wie der andere automatisch mit seinem Gesicht näher kommt.
Wir spielten mit den jeweiligen Geheimtricks des anderen und lachten dabei. Das Spiel dauerte gefühlt Stunden. Stunden in denen ich nichts lieber getan hätte, als ihn endlich zu küssen, aber die Spannung machte fast mehr Spaß: Der Weg ist das Ziel, oder?
Irgendwann brach Carlo die Situation und sagte: "Ach komm.", wobei er meinen Hinterkopf anfasste und seine Lippen auf die meinen drückte.
Plötzlicher Feuerwerksalarm! Nicht aus Verliebtheit, aber aus Begierde.
Carlo schien seinen Doktor in Frauenkunde gemacht zu haben, denn er machte ALLES richtig. Jede Berührung saß, jedes Geräusch, jeder Atemzug. Ich war ihm völlig ausgeliefert, was er auch merkte.
"Du schmilzt ja richtig.", sagte er belustigt. Ich wurde vor Verlegenheit rot: "Ich weiß..."
Wir küssten uns weiter, streichelten einander und ich schmolz weiter. Plötzlich stand er auf uns sagte: "Komm, wir gehen eine rauchen." Diese Bemerkung war ein geschicktes Seitenmanöver, was er auch direkt lachend zugab, denn auf dem Weg zum Balkon, mussten wir durch sein Schlafzimmer...
Wir küssten uns weiter, landeten wie durch Zauberhand auf seinem Bett. Es war heiß, locker und spaßig und alles passte bis er die magischen Worte sprach: "Ich werde heute keinen Sex mit dir haben."
Um zu erklären, warum mich dies so aus dem Konzept brachte, muss ich kurz ausholen.
Für die Männerwelt ist dieser Satz vielleicht vertraut. Ihr hört ihn öfters, oft gepaart mit Ausreden, wie Kopfschmerzen, Regelblutung oder zu müde. Für Frauen ist dieser Satz wie ein schwarzer Löwe: Man sieht ihn nie in der freien Wildbahn (er wird uns höchstens ab und zu im Internet als bare Münze verkauft).
"Warum nicht?", fragte ich leicht quengelig, wie ein Kind, dass kein zweites Eis bekommt.
"Du erinnerst mich zu sehr an meine Ex.", sagte er. "Und nein, nicht die letzte. Die davor."
Grandios. Das war ja mal ein Grund, den ich absolut nicht beeinflussen konnte, auch wenn ich mir noch wochenlang das Hirn darüber zermartern würde.
Carlo blieb bei seiner Entscheidung, auch wenn wir bestimmt noch dreimal anfingen, zu knutschen und genauso oft die Abfahrt Richtung Sex nahmen: Er zog immer wieder die Notbremse.
Ich durfte trotzdem über Nacht bleiben. Es war nicht unangenehm, auch am nächsten Morgen nicht. Es war gemütlich und gesellig, sogar als Carlo plötzlich sagte, er würde mich eventuell nie wieder sehen wollen. Verständnis-Woman war inzwischen mit ihrem Latein am Ende und so holte sie ihre Schwester raus: Akzeptanzia
Viel anderes blieb mir auch nicht übrig. Carlo brachte mich noch zum Auto und verabschiedete mich mit einem ziemlich lieben Kuss. Dass nun ausgerechnet der Mensch-gewordene Streichel- und Knutschrobotor mich abgewiesen hatte, war zwar schmerzhaft, aber hatte nunmal ganz einfach nichts mit mir zu tun. Das zumindest wiederholte er immer wieder. Mein Kopf hörte ihn, mein Herz machte Terror.
Bescheuerterweise litt mein Selbstbewusstsein zeitweise extrem unter dieser Abweisung. Das Gedankenkarussell fragte mich, ob ich nicht einfach zu dick für ihn gewesen war, oder ob ich schlecht gerochen hatte. Jeder mögliche bescheuerte Grund, der die Schuld doch noch auf mich ziehen konnte, poppte in meinem Kopf auf. Carlo änderte derweil noch 20 mal seine Erklärung dafür, warum er in dieser Nacht nicht mit mir schlafen wollte.
Als ich mich gerade damit abgefunden hatte, Carlo nie wieder zu sehen, reagierte er überraschenderweise positiv auf meine Frage nach einem unkomplizierten Bier. Ich war wieder für einen Termin in Münster und Carlo und ich wussten beide, dass kein Bier so unkompliziert sein konnte, dass es das Chaos zwischen uns vertreiben konnte, aber er willigte ein.
Ich fuhr zu ihm, er machte die beste Pasta, die ich je gegessen hatte und wir redeten und knutschten da weiter, wo wir aufgehört hatten. Ein bereits vereinbartes Treffen mit einem Kumpel bewahrte uns davor, am gleichen Schneidepunkt, wie beim letzten Mal stehenbleiben zu müssen. Wir konnten die Pseudo-Unkompliziertheit aufrecht erhalten und uns vor einem weiteren Kein-Sex-Debakel verabschieden.
Danach schrieb ich ein Lied über Carlo, in dem unter anderem die folgende Textzeile vorkommt:
"Wir sind digital verschlungen, quasi virtuell verbunden, und in wenigen Sekunden wirst du uns'ren Stecker zieh'n. Hast es wieder nicht gefunden, drehst jetzt solo deine Runden. Uns're Herzen zu geschunden, weiterzugeh'n."
Und als hätte ich auf einmal eine prophetische Gabe erlangt, traf es genau so ein:
Carlo brach den Kontakt ab.
Und nahm ihn wieder auf.
Und brach ihn wieder ab.
Und nahm ihn wieder auf.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schreiben sie noch heute.
Mir war ziemlich klar, dass diese Frau völlig verrückt war. Das ist eine besondere Gabe von bekloppten Frauen: Wir erkennen unseresgleichen direkt.
Carlo wurde dann auch nicht müde zu erwähnen, wir gut sie und ich uns verstehen würden, wären die Umstände nur anders.
Trotz unseres total unkomplizierten Treffens, spukte sie bei ihm rum. Und da ich Verständnis-Woman war, hörte ich ihm am Telefon zu, während er mir die Höhen und Tiefer ihrer beider Beziehung schilderte. Mir rollten sich die Zehennägel hoch, als ich die ungesundeste Beziehungsgeschichte der Welt anhörte und ich versuchte ihm klarzumachen, dass diese Kiste in einer Katastrophe enden würde, wenn er nicht direkt den Riegel dicht machte. Aber selbst meinen gutgläubigen Ohren war klar, dass er meinem Rat nicht folgen würde. Gut. Diese Erfahrung würde er selbst machen müssen.
Nach über 2 Stunden war sogar Verständnis-Woman müde und wir beendeten das Gespräch.
Als ich am nächsten Tag vorsichtig fragte, ob er denn nochmal Lust auf ein weiteres Bier in der nächsten Woche habe, wurde ich relativ hart zurückgewiesen. Irgendwie wären unsere Themen zu tiefgründig und zu schwer für ihn.
Carlo war eher der straighte Typ - eines der Dinge, die ich sehr an ihm schätzte, aber die mich auch regelmäßig aus dem Konzept brachten. Ich wollte aufbrausend sein, wütend werden, dass er mich nur als Kummerkasten benutzt hatte und mich jetzt abschob, weil ihm die Themen zu schwer waren? Ich glaub, ich sagte das auch ungefähr so - versuchte dabei aber weiterhin unkompliziert und unbeschwert zu klingen. Problematischerweise entsteht daraus zumeist eine explosive Mischung, die eher schizophren anmutet und Männer abschreckt.
Zu meinem Glück, war Carlo aber viel schizophrener, als ich selbst und hatte seine Meinung zum Wochenende hin bereits geändert. So fuhr ich Freitagabend nach Münster, zu ihm nach Hause. Er hatte deutlich gemacht, dass er die Möglichkeit bräuchte, mich rausschmeißen zu können, wenn ihm danach ist. Ich fand das schräg und völlig verständlich zugleich. Mutig ließ ich mich auf den Deal ein, der dazu hätte führen können, dass ich mitten in der Nacht in Münster auf der Straße lande. Es kam aber anders...
Carlos Wohnung war genau wie er: Cool und ein wenig düster. Aber mit Humor! Ich freute mich über die Actionfiguren im Badezimmer und fragte mich, ob Verständnis-Woman hier auch mal einziehen würde.
Wir tranken Bier, rauchten eine lustige Zigarette und redeten. Ich wollte ihn küssen, ich wollte in seinem Augen versinken und ihn küssen. Ich wollte, dass er mich an sich drückte. Aber ich wollte ihn nicht überrollen.
Also erzählte ich von meiner berühmt berüchtigten Geheimwaffe: Dem Dreiecksblick! Man guckt dazu seinem Gegenüber zuerst in das eine Auge, dann in das andere, dann auf die Lippen und zurück in die Augen und der andere erhält unterschwellig das Signal: Küss mich!
Carlo erzählte mir von seinem Geheimtrick: Kopf in Schräglage, abwarten und sehen, wie der andere automatisch mit seinem Gesicht näher kommt.
Wir spielten mit den jeweiligen Geheimtricks des anderen und lachten dabei. Das Spiel dauerte gefühlt Stunden. Stunden in denen ich nichts lieber getan hätte, als ihn endlich zu küssen, aber die Spannung machte fast mehr Spaß: Der Weg ist das Ziel, oder?
Irgendwann brach Carlo die Situation und sagte: "Ach komm.", wobei er meinen Hinterkopf anfasste und seine Lippen auf die meinen drückte.
Plötzlicher Feuerwerksalarm! Nicht aus Verliebtheit, aber aus Begierde.
Carlo schien seinen Doktor in Frauenkunde gemacht zu haben, denn er machte ALLES richtig. Jede Berührung saß, jedes Geräusch, jeder Atemzug. Ich war ihm völlig ausgeliefert, was er auch merkte.
"Du schmilzt ja richtig.", sagte er belustigt. Ich wurde vor Verlegenheit rot: "Ich weiß..."
Wir küssten uns weiter, streichelten einander und ich schmolz weiter. Plötzlich stand er auf uns sagte: "Komm, wir gehen eine rauchen." Diese Bemerkung war ein geschicktes Seitenmanöver, was er auch direkt lachend zugab, denn auf dem Weg zum Balkon, mussten wir durch sein Schlafzimmer...
Wir küssten uns weiter, landeten wie durch Zauberhand auf seinem Bett. Es war heiß, locker und spaßig und alles passte bis er die magischen Worte sprach: "Ich werde heute keinen Sex mit dir haben."
Um zu erklären, warum mich dies so aus dem Konzept brachte, muss ich kurz ausholen.
Für die Männerwelt ist dieser Satz vielleicht vertraut. Ihr hört ihn öfters, oft gepaart mit Ausreden, wie Kopfschmerzen, Regelblutung oder zu müde. Für Frauen ist dieser Satz wie ein schwarzer Löwe: Man sieht ihn nie in der freien Wildbahn (er wird uns höchstens ab und zu im Internet als bare Münze verkauft).
"Warum nicht?", fragte ich leicht quengelig, wie ein Kind, dass kein zweites Eis bekommt.
"Du erinnerst mich zu sehr an meine Ex.", sagte er. "Und nein, nicht die letzte. Die davor."
Grandios. Das war ja mal ein Grund, den ich absolut nicht beeinflussen konnte, auch wenn ich mir noch wochenlang das Hirn darüber zermartern würde.
Carlo blieb bei seiner Entscheidung, auch wenn wir bestimmt noch dreimal anfingen, zu knutschen und genauso oft die Abfahrt Richtung Sex nahmen: Er zog immer wieder die Notbremse.
Ich durfte trotzdem über Nacht bleiben. Es war nicht unangenehm, auch am nächsten Morgen nicht. Es war gemütlich und gesellig, sogar als Carlo plötzlich sagte, er würde mich eventuell nie wieder sehen wollen. Verständnis-Woman war inzwischen mit ihrem Latein am Ende und so holte sie ihre Schwester raus: Akzeptanzia
Viel anderes blieb mir auch nicht übrig. Carlo brachte mich noch zum Auto und verabschiedete mich mit einem ziemlich lieben Kuss. Dass nun ausgerechnet der Mensch-gewordene Streichel- und Knutschrobotor mich abgewiesen hatte, war zwar schmerzhaft, aber hatte nunmal ganz einfach nichts mit mir zu tun. Das zumindest wiederholte er immer wieder. Mein Kopf hörte ihn, mein Herz machte Terror.
Bescheuerterweise litt mein Selbstbewusstsein zeitweise extrem unter dieser Abweisung. Das Gedankenkarussell fragte mich, ob ich nicht einfach zu dick für ihn gewesen war, oder ob ich schlecht gerochen hatte. Jeder mögliche bescheuerte Grund, der die Schuld doch noch auf mich ziehen konnte, poppte in meinem Kopf auf. Carlo änderte derweil noch 20 mal seine Erklärung dafür, warum er in dieser Nacht nicht mit mir schlafen wollte.
Als ich mich gerade damit abgefunden hatte, Carlo nie wieder zu sehen, reagierte er überraschenderweise positiv auf meine Frage nach einem unkomplizierten Bier. Ich war wieder für einen Termin in Münster und Carlo und ich wussten beide, dass kein Bier so unkompliziert sein konnte, dass es das Chaos zwischen uns vertreiben konnte, aber er willigte ein.
Ich fuhr zu ihm, er machte die beste Pasta, die ich je gegessen hatte und wir redeten und knutschten da weiter, wo wir aufgehört hatten. Ein bereits vereinbartes Treffen mit einem Kumpel bewahrte uns davor, am gleichen Schneidepunkt, wie beim letzten Mal stehenbleiben zu müssen. Wir konnten die Pseudo-Unkompliziertheit aufrecht erhalten und uns vor einem weiteren Kein-Sex-Debakel verabschieden.
Danach schrieb ich ein Lied über Carlo, in dem unter anderem die folgende Textzeile vorkommt:
"Wir sind digital verschlungen, quasi virtuell verbunden, und in wenigen Sekunden wirst du uns'ren Stecker zieh'n. Hast es wieder nicht gefunden, drehst jetzt solo deine Runden. Uns're Herzen zu geschunden, weiterzugeh'n."
Und als hätte ich auf einmal eine prophetische Gabe erlangt, traf es genau so ein:
Carlo brach den Kontakt ab.
Und nahm ihn wieder auf.
Und brach ihn wieder ab.
Und nahm ihn wieder auf.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schreiben sie noch heute.
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