Ich hatte bereits vom Loch gesprochen. Nun. Die Geschichte vom Gartenhäuschen findet noch etwas tiefer im Loch statt. Ich hatte gerade eine sehr schmerzhafte Beziehung und genauso schmerzhafte Trennung hinter mir. Alles war völlig aus den Fugen geraten und ich fühlte mich, als würde mein Leben mir passieren, wie in einem Film, den ich nur von außen sah.
So kam es, dass ich mehr oder weniger fest saß im Haus meines Exfreundes, ohne, dass er selbst da war. (Das klingt jetzt vielleicht nach Hausbesetzung - war es aber nicht. Das zu erklären, würde allerdings den Rahmen dieses Blogs sprengen.)
Und wie ich das in Momenten der hilflosen Einsamkeit so zu tun pflege, begab ich mich auf Jacht. Irgendwo auf der Welt musste doch gerade ein Mann sein, der quasi nur darauf wartete, eine verzweifelte Frau von ihrem Elend abzulenken.
Ich wohnte zu dem Zeitpunkt in Tilburg, NL. Viel hatte ich von der Stadt, wie bereits erwähnt, nicht kennengelernt, da ich mich kaum aus dem Haus traute. Dennoch hatte ich ein bis zwei Auftritte geplant und Abkündigungen dieser Auftritte hatten wohl auch im Tilburger Stadtanzeiger gestanden, was sich als mein großes Glück herausstellte.
Eben so eine Anzeige hatte Thies nämlich gesehen. Wir hatten einander bereits vor geraumer Zeit gematcht, aber nie miteinander geschrieben. Ich war dann recht plötzlich in eine Beziehung geraten und er hatte wohl einfach kein besonderes Interesse gehabt. Und ganz pltzlich hatten wir einander wieder auf dem Schirm. Er hatte rote, kurze Haare, einen passenden Bart und liebe Augen. Und er schien Musik zu machen. Mit seinen alten Skaterfreunden hatte er eine Band gegründet: Was alle verband war die Liebe zu Musik aus den 60ies einerseits, und die Tatsache, dass sie kein Instrument spielen konnten andererseits. Da sie aber Visionäre waren, lernten sie ganz einfach alle Instrumente, die sie brauchten und schrieben Musik. Und verdammte Axt: Die waren gut!
Wir schrieben einen Tag und dann wollten wir uns sehen. Dringend. Ich hatte selten jemanden erlebt, der so begeistert von den Dingen, die er tat war, wie Thies. Er konnte völlig in etwas versinken und lebte, wie ich noch herausfinden würde, 90% der Zeit in seiner komplett eigenen Welt.
Wir trafen uns "bei mir" zu Hause (also in der Wohnung meines Exfreundes) - und wer das geschmacklos findet, der kann froh sein, dass er nicht weiß, wie viel Geschmackloses mein ex so fabriziert hatte. Geboren war dieses Treffen aber eben auch ein wenig aus der Not und Hilflosigkeit meiner Situation heraus: Ich hatte eigentlich einfach schweinische Angst vor allem. Und vor allem vor allem, was ich nicht kannte.
Thies kam und wir hatten innerhalb von Minuten eine unfassbare Bindung zueinander aufgebaut. Es war absurd, wie schnell ich mich an ihn kuscheln wollte. Zugegeben, es lag wohl auch an meinem gebrochenen Herzen, dass ich Nähe suchte, aber selbiges hielt mich auch davon ab, dieser Sehnsucht nachzugeben. Es blieb beim Reden.
Den Tag drauf lud Thies mich ein, mit zur Bandprobe zu kommen. Er warte mich noch vor seinem Bruder, der seiner Meinung nach ziemlich schwierig war. Ich stellte jedoch schnell fest, dass die beiden einfach schwierig miteinander waren. Richtige Brüderzicken.
Das tat meiner Begeisterung für Thies allerdings keinen Abbruch. Wir sahen uns jeden Tag und der Zufall wollte es, dass er in unserer ersten Kennenlernwoche Geburtstag hatte. Ich machte ihm Frühstück, mit Kerzen und Blümchen und Thies freute sich wie ein Schneekönig. O Ton: "Sowas hat noch nie jemand für mich gemacht." Ich fand das einen reinen Skandal. Thies war einer der liebsten, früsorglichsten Menschen, die ich kennengelernt hatte. Er verdiente ja wohl mindestens das Gleiche zurück!
Die Situation war ideal. Wir waren beide verlorene Seelen, enttäuscht von der Welt und auf der Suche nach ein wenig Liebe (hach, wie dramatisch!). Thies war gerade dabei ein völlig baufälliges Haus zu renovieren. Was bis jetzt einigermaßen fertig war, war jedoch nur das Gartenhäuschen. Dieses glich allerdings eher einem kleinen Studio. Es gab zwar keine Küche, aber einen Lebens-/Schlafraum mit Hochbett und ein kleines Badezimmer... wobei letzteres eher noch in der Entstehungsphase war.
Thies fand, genau wie ich, dass ich nicht mehr im Haus meines Ex' bleiben konnte und so schlug er vor, ich könne in sein Gartenhäuschen ziehen. Er selbst wohnte übrigens auch bei seiner Ex, die auf Reisen in Asien war und ihre Wohnung an ihn zur Bewachung gegeben hatte. Sie sehene: Wir waren beide ein wenig schräg unterwegs...
Ich half beim Streichen, wir zogen um, brachen buchstäblich die Zelte ab. Ich musste da weg. Es war wie eine Befreiung, doch letztlich wechselte ich bloß mein Gefängnis, denn auch wenn Thies mich in keinster Weise gefangen hielt: Ich hatte mein eigenes Gefängnis gebaut und nahm mich selbst mit in den neuen Lebensraum.
Was folgte waren 4 Monate, in denen ich mehr schlecht als recht und mit viel Behelfen lebte. Nach einem Monat war das Badezimmer zwar mehr oder wenig fertig, ich heizte allerdings nur mit einem kleine Öfchen. Eine "Küche" gab es nur in der Baustelle des Haupthauses, bestehend aus zwei Kochplatten auf dem Boden. Und dennoch hatten diese Monate etwas Magisches.
Kurz hatten Thies und ich gedacht, wir könnten uns ineinander verlieben, aber ich hing noch zu sehr an meinem Ex und daran, im sicheren Loch zu sitzen. Trotzdem lebten wir die meiste Zeit, als würden wir uns unser gemeinsames Liebesnest einrichten. Tagsüber arbeitete Thies am Haus. Wenn es mir gut ging, half ich ihm. Ich sortierte Schrauben, schleppte Steine und half, alles ein wenig wohnlicher zu machen. Wir machten zusammen Musik. Wir hörten zusammen Musik. Ich sah mir Auftritte seiner Band an und trat selbst wieder ab und zu auf.
Wir traten auch zusammen auf und irgendwie hätte alles so schön sein können, aber ich hatte ja mich selbst mitgenommen. Mich und all meine Ängste und verletzten Gefühle und so stritten wir immer öfter. Thies verschwand oft stundenland in seinem Kopf und sponn sich neue Projekte zusammen. Er hatte immer Ideen und war immer voll Tatendrang, während ich schon Mühe hatte, aus dem Bett zu kommen.
Alles lief immer schiefer und schiefer. Dann war Weihnachten und ich fuhr zu meinen Eltern, und während ich immer noch ein wenig hoffte, dass Thies mich doch bei sich behalten wollte, musste ich bei meiner Rückker der Tatsache ins Auge sehen, dass unsere Zeit rum war.
Wenn ich heute auf diesen kalten Gartenhauswinter 2016 zurückblicke, dann bereue ich vor allem, dass wir unsere gemeinsame Zeit nicht besser genutzt haben. Wir hätten so viel mehr Musik machen können. Wir hätten Musikvideos drehen und Songs schreiben können, aber wir waren zu sehr in der jeweils eigenen Welt. Ich wünschte, ich hätte Thies besser behandelt. Ich wünschte ich hätte meine schlechten Erfahrungen nicht auf seinem Rücken ausgetragen. Ich wünschte ich hätte ihn so angenommen, wie er war. Doch was mich zuerst fasziniert hatte, ging mir mit der Zeit immer mehr auf die Nerven: Musste er denn immer für alles direkt Feuer und Flamme sein? Konnte er nicht einmal aufhören zu reden? Konnte er nicht einfach mal nur neben mir sitzen und einen Film gucken?
Nein. Konnte er nicht. So war er nicht.
Unser trautes Heim hatte sein Verfallsdatum bereits überschritten, und so begann mein Jahr 2017 damit, dass ich weinend auf einer Matratze auf dem Boden im mittlerweile fertigen Schlafzimmer des Haupthauses saß, und nicht wusste, wo ich hin sollte.
Forsetzung folgt...
So kam es, dass ich mehr oder weniger fest saß im Haus meines Exfreundes, ohne, dass er selbst da war. (Das klingt jetzt vielleicht nach Hausbesetzung - war es aber nicht. Das zu erklären, würde allerdings den Rahmen dieses Blogs sprengen.)
Und wie ich das in Momenten der hilflosen Einsamkeit so zu tun pflege, begab ich mich auf Jacht. Irgendwo auf der Welt musste doch gerade ein Mann sein, der quasi nur darauf wartete, eine verzweifelte Frau von ihrem Elend abzulenken.
Ich wohnte zu dem Zeitpunkt in Tilburg, NL. Viel hatte ich von der Stadt, wie bereits erwähnt, nicht kennengelernt, da ich mich kaum aus dem Haus traute. Dennoch hatte ich ein bis zwei Auftritte geplant und Abkündigungen dieser Auftritte hatten wohl auch im Tilburger Stadtanzeiger gestanden, was sich als mein großes Glück herausstellte.
Eben so eine Anzeige hatte Thies nämlich gesehen. Wir hatten einander bereits vor geraumer Zeit gematcht, aber nie miteinander geschrieben. Ich war dann recht plötzlich in eine Beziehung geraten und er hatte wohl einfach kein besonderes Interesse gehabt. Und ganz pltzlich hatten wir einander wieder auf dem Schirm. Er hatte rote, kurze Haare, einen passenden Bart und liebe Augen. Und er schien Musik zu machen. Mit seinen alten Skaterfreunden hatte er eine Band gegründet: Was alle verband war die Liebe zu Musik aus den 60ies einerseits, und die Tatsache, dass sie kein Instrument spielen konnten andererseits. Da sie aber Visionäre waren, lernten sie ganz einfach alle Instrumente, die sie brauchten und schrieben Musik. Und verdammte Axt: Die waren gut!
Wir schrieben einen Tag und dann wollten wir uns sehen. Dringend. Ich hatte selten jemanden erlebt, der so begeistert von den Dingen, die er tat war, wie Thies. Er konnte völlig in etwas versinken und lebte, wie ich noch herausfinden würde, 90% der Zeit in seiner komplett eigenen Welt.
Wir trafen uns "bei mir" zu Hause (also in der Wohnung meines Exfreundes) - und wer das geschmacklos findet, der kann froh sein, dass er nicht weiß, wie viel Geschmackloses mein ex so fabriziert hatte. Geboren war dieses Treffen aber eben auch ein wenig aus der Not und Hilflosigkeit meiner Situation heraus: Ich hatte eigentlich einfach schweinische Angst vor allem. Und vor allem vor allem, was ich nicht kannte.
Thies kam und wir hatten innerhalb von Minuten eine unfassbare Bindung zueinander aufgebaut. Es war absurd, wie schnell ich mich an ihn kuscheln wollte. Zugegeben, es lag wohl auch an meinem gebrochenen Herzen, dass ich Nähe suchte, aber selbiges hielt mich auch davon ab, dieser Sehnsucht nachzugeben. Es blieb beim Reden.
Den Tag drauf lud Thies mich ein, mit zur Bandprobe zu kommen. Er warte mich noch vor seinem Bruder, der seiner Meinung nach ziemlich schwierig war. Ich stellte jedoch schnell fest, dass die beiden einfach schwierig miteinander waren. Richtige Brüderzicken.
Das tat meiner Begeisterung für Thies allerdings keinen Abbruch. Wir sahen uns jeden Tag und der Zufall wollte es, dass er in unserer ersten Kennenlernwoche Geburtstag hatte. Ich machte ihm Frühstück, mit Kerzen und Blümchen und Thies freute sich wie ein Schneekönig. O Ton: "Sowas hat noch nie jemand für mich gemacht." Ich fand das einen reinen Skandal. Thies war einer der liebsten, früsorglichsten Menschen, die ich kennengelernt hatte. Er verdiente ja wohl mindestens das Gleiche zurück!
Die Situation war ideal. Wir waren beide verlorene Seelen, enttäuscht von der Welt und auf der Suche nach ein wenig Liebe (hach, wie dramatisch!). Thies war gerade dabei ein völlig baufälliges Haus zu renovieren. Was bis jetzt einigermaßen fertig war, war jedoch nur das Gartenhäuschen. Dieses glich allerdings eher einem kleinen Studio. Es gab zwar keine Küche, aber einen Lebens-/Schlafraum mit Hochbett und ein kleines Badezimmer... wobei letzteres eher noch in der Entstehungsphase war.
Thies fand, genau wie ich, dass ich nicht mehr im Haus meines Ex' bleiben konnte und so schlug er vor, ich könne in sein Gartenhäuschen ziehen. Er selbst wohnte übrigens auch bei seiner Ex, die auf Reisen in Asien war und ihre Wohnung an ihn zur Bewachung gegeben hatte. Sie sehene: Wir waren beide ein wenig schräg unterwegs...
Ich half beim Streichen, wir zogen um, brachen buchstäblich die Zelte ab. Ich musste da weg. Es war wie eine Befreiung, doch letztlich wechselte ich bloß mein Gefängnis, denn auch wenn Thies mich in keinster Weise gefangen hielt: Ich hatte mein eigenes Gefängnis gebaut und nahm mich selbst mit in den neuen Lebensraum.
Was folgte waren 4 Monate, in denen ich mehr schlecht als recht und mit viel Behelfen lebte. Nach einem Monat war das Badezimmer zwar mehr oder wenig fertig, ich heizte allerdings nur mit einem kleine Öfchen. Eine "Küche" gab es nur in der Baustelle des Haupthauses, bestehend aus zwei Kochplatten auf dem Boden. Und dennoch hatten diese Monate etwas Magisches.
Kurz hatten Thies und ich gedacht, wir könnten uns ineinander verlieben, aber ich hing noch zu sehr an meinem Ex und daran, im sicheren Loch zu sitzen. Trotzdem lebten wir die meiste Zeit, als würden wir uns unser gemeinsames Liebesnest einrichten. Tagsüber arbeitete Thies am Haus. Wenn es mir gut ging, half ich ihm. Ich sortierte Schrauben, schleppte Steine und half, alles ein wenig wohnlicher zu machen. Wir machten zusammen Musik. Wir hörten zusammen Musik. Ich sah mir Auftritte seiner Band an und trat selbst wieder ab und zu auf.
Wir traten auch zusammen auf und irgendwie hätte alles so schön sein können, aber ich hatte ja mich selbst mitgenommen. Mich und all meine Ängste und verletzten Gefühle und so stritten wir immer öfter. Thies verschwand oft stundenland in seinem Kopf und sponn sich neue Projekte zusammen. Er hatte immer Ideen und war immer voll Tatendrang, während ich schon Mühe hatte, aus dem Bett zu kommen.
Alles lief immer schiefer und schiefer. Dann war Weihnachten und ich fuhr zu meinen Eltern, und während ich immer noch ein wenig hoffte, dass Thies mich doch bei sich behalten wollte, musste ich bei meiner Rückker der Tatsache ins Auge sehen, dass unsere Zeit rum war.
Wenn ich heute auf diesen kalten Gartenhauswinter 2016 zurückblicke, dann bereue ich vor allem, dass wir unsere gemeinsame Zeit nicht besser genutzt haben. Wir hätten so viel mehr Musik machen können. Wir hätten Musikvideos drehen und Songs schreiben können, aber wir waren zu sehr in der jeweils eigenen Welt. Ich wünschte, ich hätte Thies besser behandelt. Ich wünschte ich hätte meine schlechten Erfahrungen nicht auf seinem Rücken ausgetragen. Ich wünschte ich hätte ihn so angenommen, wie er war. Doch was mich zuerst fasziniert hatte, ging mir mit der Zeit immer mehr auf die Nerven: Musste er denn immer für alles direkt Feuer und Flamme sein? Konnte er nicht einmal aufhören zu reden? Konnte er nicht einfach mal nur neben mir sitzen und einen Film gucken?
Nein. Konnte er nicht. So war er nicht.
Unser trautes Heim hatte sein Verfallsdatum bereits überschritten, und so begann mein Jahr 2017 damit, dass ich weinend auf einer Matratze auf dem Boden im mittlerweile fertigen Schlafzimmer des Haupthauses saß, und nicht wusste, wo ich hin sollte.
Forsetzung folgt...
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